Joseph Gerson

Wofür steht Kamala Harris?

Die US-Wahlen werden darüber entscheiden, ob sich die USA für eine konterrevolutionäre weiße, christlich-nationalistische und plutokrati-sche Diktatur oder für eine kompromittierte Version von Sozialdemo-kratie entscheiden. Nachdem Präsident Joe Biden nach seiner desaströsen Debattenleistung dem Druck zum Rücktritt zunächst widerstand, wurde die Führung der Demokratischen Partei an Vizepräsidentin Kamala Har-ris übergeben. Obwohl sie Senatorin und Vizepräsidentin war, blieb Har-ris zunächst eine weitgehend unbekannte Größe.

Mehr als 200 ehemalige Republikanische Mitarbeiter von Ex-Präsident George W. Bush, Senator Mitt Romney oder Senator John McCain haben Harris unterstützt und unterstrichen, was auf dem Spiel steht: „Natürlich haben wir viele ehrliche, ideologische Meinungsverschiedenheiten mit Vizepräsidentin Harris und Gouverneur Walz. Das ist zu erwarten. Die Alternative ist jedoch schlicht unhaltbar.“ Zwischen Bidens Rückzug und dem Wahltag blieb weder der Demokratischen Partei noch Donald Trump Zeit, Harris zu definieren. Die New York Times berichtete, dass „Harris auf ihrer Wahlkampfwebsite keine politische Seite“ gezeigt und „sich hauptsächlich auf die guten Gefühle der Demokraten gestützt“ habe. Bestimmender als das vage Beharren auf „Freiheit“ auf dem Parteitag der Demokraten waren leidenschaftliche Rufe „Kein Zurück!“ oder kein „Rückwärts“ zu Trumps Rassismus, Angriffen auf Demokratie und Klima oder zu den Romanzen mit Putin und Kim Jong-un.

Während des Parteitags der Demokraten im August wurde sie als fürsorgliche, kompetente und hartgesottene, fröhliche Kriegerin und Quelle von Hoffnung vorgestellt. Dem Parteiprogramm der Demokraten für 2024 von Biden und Harris lässt sich jedoch wenig entnehmen. Es wurde im Vorgriff auf Bidens Wahlkampf für die Wiederwahl verfasst und liest sich wie eine Verteidigung von Bidens Präsidentschaft, die kein neues Terrain abdeckt. Im Bestreben, so viel Mehrdeutigkeit und Handlungsfreiheit wie möglich aufrecht-zuerhalten, entschied sich das Harris-Team, die Aktualisierung des Programms nicht zur Priorität zu machen. Obwohl das nichtssagende Programm fast zwanzig Seiten der „Stärkung der amerikanischen Führungsrolle weltweit“ widmete, wurde die gute Stimmung auf dem Parteitag kaum durch Hinweise auf einen Wettbewerb mit China um die Vorherrschaft, militärische Allianzen oder eine „Modernisierung“ des amerikanischen Atomarsenals und seiner Trägersysteme gestört, zumal diese Themen nur flüchtig und rituell gestreift wurden.

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Die Kurzfassung des Beitrages wurde in WeltTrends 202 – Die USA am Scheideweg veröffentlicht. Eine ausführlich Fassung in englisch kann hier heruntergeladen werden.


WeltTrends 202 – Die USA am Scheideweg

Heftschwerpunkt sind die USA und die dortigen Präsidentschaftswahlen. Was von Bidens Präsidentschaft bleibt, analysieren Roland Benedikter und Sabina Drescher. Während Biden bei der inneren Wiederversöhnung scheiterte, war er erfolgreich bei der „Neuverbindung mit Europa“. Allerdings stieg China während Bidens Amtszeit endgültig zum zweiten großen globalpoltischen Schwergewicht auf, während versäumt wurde, eine „große Strategie“ für die China-Ära zu entwickeln.

Aus chinesischer Sicht schätzt Hongjian Cui ein, dass es bei der „langfristigen Wettbewerbs-Strategie“ gegenüber China bleibt; eine Rückkehr zu einer Trump-Präsidentschaft würde die Unsicherheit in den Beziehungen beider Staaten erhöhen. Wie auch immer die US-Wahlen ausgehen, die Mehrheit der russischen Beobachter ist nach Meinung von Dmitri Trenin überzeugt, dass das keinen Einfluss auf die US-Politik gegen über Russland haben wird. Diese Politik werde „größtmöglich feindselig“ bleiben.  

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