Hongjian Cui
Was bedeuten die Präsidentschaftswahlen in den USA für China?
Die USA wählen, China schaut gespannt zu. Peking vermeidet jede Einmischung in den US-Wahlkampf. Wer auch immer gewinnt: die Beziehungen bleiben angespannt, meint unser Gastautor.
Geht man davon aus, dass „die Diplomatie nichts anderes als eine Fortsetzung der inneren Angelegenheiten ist“, so gibt es gute Gründe, der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten volle Aufmerksamkeit zu schenken. Für chinesische Beobachter stehen sicherlich die politischen Veränderungen in den Vereinigten Staaten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Doch wichtiger ist zweifellos die mögliche Politik der nächsten US-Regierung gegenüber China und deren Auswirkungen auf die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Da nicht sicher ist, wer künftig im Weißen Haus sitzen wird, ist es für eine abschließende Antwort zu früh.
Chinas Haltung gegenüber den zunehmend heftigen und in gewissem Sinne dramatischen US-Wahlen wirft ein Licht auf den aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen beider Länder. Vor dem Hintergrund von Befürchtungen in der amerikanischen Öffentlichkeit, „China könnte sich in die Wahl einmischen“, hat Peking eine vorsichtige Herangehensweise an die Wahl gewählt.
Während die US-Wahlen in der chinesischen öffentlichen Meinung ein heißes Thema und ein wichtiges Thema der akademischen Forschung sind, deutet die offizielle Erklärung, dass die chinesische Regierung „hofft, dass sich die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten verbessern können, wer auch immer die Präsidentschaftswahlen gewinnt“, darauf hin, dass Peking sich von der amerikanischen Innenpolitik distanzieren möchte.
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Biografische Angaben: Prof. Dr. Hongjian Cui ist Direktor des Zentrums für EU- und Regionalstudien, Beijing Universität für Internationale Studien.
Der Artikel erschien auch in der neuesten Ausgabe von WeltTrends – Nr. 202: Die USA am Scheideweg.
WeltTrends 202 – Die USA am Scheideweg
Heftschwerpunkt sind die USA und die dortigen Präsidentschaftswahlen. Was von Bidens Präsidentschaft bleibt, analysieren Roland Benedikter und Sabina Drescher. Während Biden bei der inneren Wiederversöhnung scheiterte, war er erfolgreich bei der „Neuverbindung mit Europa“. Allerdings stieg China während Bidens Amtszeit endgültig zum zweiten großen globalpoltischen Schwergewicht auf, während versäumt wurde, eine „große Strategie“ für die China-Ära zu entwickeln.
Aus chinesischer Sicht schätzt Hongjian Cui ein, dass es bei der „langfristigen Wettbewerbs-Strategie“ gegenüber China bleibt; eine Rückkehr zu einer Trump-Präsidentschaft würde die Unsicherheit in den Beziehungen beider Staaten erhöhen. Wie auch immer die US-Wahlen ausgehen, die Mehrheit der russischen Beobachter ist nach Meinung von Dmitri Trenin überzeugt, dass das keinen Einfluss auf die US-Politik gegen über Russland haben wird. Diese Politik werde „größtmöglich feindselig“ bleiben.