Jörn Rieken

Sanktionen als Instrument des „Weltwirtschaftskrieges“

Die Verhängung wirtschaftlicher Strafmaßnahmen erreicht nur in seltenen Ausnahmefällen die vorgeblichen Ziele einer Veränderung von Regierungshandeln der sanktionierten Länder. Weitgehende Umlenkungsmöglichkeiten der Handelsströme, eine massive Stärkung der innenpolitischen Reputation und mangelnde zeitliche und inhaltliche Konditionierung der wirtschaftlichen Strafmaßnahmen führen im Gegenteil eher zu einer Stärkung der Regierungen in den sanktionierten Ländern. Hauptleidtragende sind immer ärmeren Bevölkerungsteile.

Bei den in jüngster Zeit vom Westen eingeführten unilateralen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen stärkere Ökonomien gilt das inzwischen auf für die Mehrheit ihrer Bewohner. Während des ersten kalten Krieges konnten die sogenannte Dritte-Welt-Länder noch wirtschaftliche und geopolitische Vorteile aus einer Schaukelpolitik zwischen den beiden antagonistischen Blöcken ziehen. Gegenwärtig hingegen drängen die westlichen Mächte auf eine globale wirtschaftliche Bipolarität, als deren machtpolitisches Instrument eine immer weiter ausgreifende Sanktionspolitik benutzt wird.

Im Kern geht es bei den wirtschaftlichen Strafmaßnahmen des Westens um die Aufrechterhaltung ihrer Dominanz gegenüber einer drohenden Multipolarität, im Wesentlichen verursacht durch den „Aufstieg der Mittelmächte“. Für den Globalen Süden sind die unilateralen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen der G7-Mächte, ihre extraterritoriale Rechtssetzungspraxis und die derzeit vorangetriebene sanktionsbedingte Entkoppelung keine positiven Bezugspunkte. Sie werden eher als ideologische Bemäntelung einer unipolaren Ordnung gesehen, in der Regeln selektiv angewendet werden. Die Rolle der UN als völkerrechtlich einzig legaler Institution für Sanktionen wird negiert.

Für die Welthandelsorganisation WTO ist die sanktionsgetriebene Zerstörung der bisherigen relativ regelbasierten internationalen Handelsordnung einer der letzten Sargnägel. Die weltwirtschaftlichen Implikationen von Sanktionsdynamiken und Entkoppelung lassen langfristig gravierende Folgen erwarten. Mittelfristig werden sie das Wohlstandsniveau deutlich senken, auch in den sanktionierenden Ländern, besonders aber in den ärmeren Ländern des Globalen Südens. Weltweit allerdings werden die wirtschaftlichen Lasten von wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und Entkoppelung auf die ärmeren Bevölkerungsteile überwälzt, eine Art neoliberaler Umverteilung im Weltmaßstab.

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Globaler Wirtschaftkrieg

Die Autoren der vorliegenden Ausgabe sehen die Welt auf unabsehbare Zeit im Wirtschaftskrieg. Im Thema wird eine „Fragmentierung der Weltwirtschaft in rivalisierende Blöcke“ konstatiert, eine „Versicherheitlichung der Mächterivalität“, kontraproduktiv zu den ökonomisch-sozialen und entwicklungspolitischen Notwendigkeiten (J. van Scherpenberg). Im Wesen gehe es bei den „Sanktionen als Instrumente des globalen Wirtschaftskrieges“ (J. Rieken) um die Aufrechterhaltung westlicher Dominanz. Die wirtschaftlichen und politischen Folgen der Wandlung der USA zur „Energiesupermacht“ mit globalem Einfluss (M. Daniljuk) und der Abbruch der direkten Energieimporte aus Russland bewirken einen Abstieg der Volkswirtschaften Deutschlands und Europas. Das geostrategische Umfeld der EU sei hochgradig instabil und von historischen Umbrüchen geprägt.

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