Dmitrij Trenin, Sergej Awakjanz, Sergej Karaganow
Von der passiven zur aktiven Abschreckung
Russlands neue Sicherheits- und Geopolitik
Das vorliegende Buch liefert einen seltenen Einblick in das strategische Denken der russischen Elite. Es ist die öffentliche Kurzfassung eines an den russischen Präsidenten und Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte gerichteten Dossiers. Die Autoren sind einflussreiche Wissenschaftler des „Institutes für globale Militärökonomie und -strategie“ in Moskau. Eine engere Verbindung von Wissenschaft und Politik auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung hat es in der russischen Geschichte bisher nie gegeben.
Bereits vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine war es schwer, Wissen über das strategische Denken in Russland zu erwerben. Analysen wurde durch ideologische Vorurteile und Vermutungen ersetzt. Mit den westlichen Sanktionen gegen Politik und Wissenschaft gibt es keinen offiziellen Austausch auf diesen Gebieten mehr. Diese Leerstellen sind durch ihren Mangel an Realismus gefährlich, auch für die eigene Sicherheit.
Die vorliegende Publikation bewertet die historischen Erfahrungen Russlands mit der nuklearen Abschreckung und analysiert die militärpolitische Lage aus russischer Sicht. Gleichzeitig liefert sie Vorschläge zur Änderung der russischen Militär- und Sicherheitsdoktrin. Sie offenbart: Russland sieht sich in einem Existenzkampf und den Westen in Vorbereitung eines Großkrieges gegen Russland. Dieses an die russische Führungsspitze gerichtete Dossier kritisiert scharf, dass in der Vergangenheit die „roten Linien“ der Sicherheitsinteressen ungenügend deutlich gemacht wurden und folglich außen- und militärpolitisch zu passiv reagiert wurde. Das hätte unter anderem vorhersehbar zur Ukrainekrise geführt. Die Autoren offenbaren einen tiefen Vertrauensverlust gegenüber dem Westen sowie die Radikalisierung des politischen und strategischen Denkens in Russland.
Dieses Dossier war ursprünglich nicht an die westliche Öffentlichkeit adressiert. Es ist Teil einer russischer Selbst- und Neufindung. Deshalb sollten die Überlegungen darin ernstgenommen und nicht als psychologische Kriegsführung abgetan werden.
Herausgeber, Verlag und WeltTrends-Redaktion teilen die militaristische Weltsicht der Autoren ausdrücklich nicht. Wir publizieren dieses Buch, damit sich Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit im deutschsprachigen Raum ein genaueres Bild vom Stand der Debatte zur nuklearen Abschreckung in Russland machen können. Wir setzen uns für friedliche Lösungen internationaler Differenzen und ein stabiles System gegenseitiger europäischer Sicherheit ein und verurteilen jedwede Kriegspropaganda und -apologie.
Inhalt
Vorbemerkungen des Potsdamer WeltTrends-Verlages
Vorbemerkungen der Moskauer Redaktion
Einführung und Kurzdarstellung
Strategische Abschreckung / Zügelung: Begriffsbestimmung
Typen und Funktionen strategischer Abschreckung: Theorie und Praxis
Evolution der nationalstaatlichen [vaterländischen] Ansätze
Strategische Abschreckung unter Bedingungen der Konfrontation Russlands mit dem kollektiven Westen
Probleme der Abschreckung / Zügelungsstrategie
Empfehlungen zur Stärkung der Abschreckungs-/ Zügelungsstrategie im Ukrainekonflikt
Modernisierung der Nukleardoktrin
Strategische Abschreckung / Zügelung im Verlauf einer weiteren Eskalation
Geopolitische Abschreckung / Zügelung entlang der Grenzen Russlands
Koalitionsstrategie zur Abschreckung / Zügelung:
Russländisch-chinesisches strategisches Zusammenwirken
Notwendigkeit einer allumfassenden strategischen Abschreckung / Zügelung
Organisatorische Fragen
Bemerkungen des Fachübersetzers für den deutschen Leser
Bibliographische Angaben
WeltTrends e.V. (Hrsg.) / Prof. Lutz Kleinwächter (V.i.S.d.P.)
Dmitrij Trenin, Sergej Awakjanz, Sergej Karaganow
Von der passiven zur aktiven Abschreckung
Russlands neue Sicherheits- und Geopolitik
WeltTrends, Potsdam 2025
ISBN 978-3-949887-39-0
125 Seiten
Pressemitteilung
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WeltTrends 204 – Afrika in der globalen Neuordnung
Im Rahmen der breiten Diskussion um eine neue Weltordnung widmet Welttrends dem globalen Süden traditionell große Beachtung. Dieses Heft legt einen besonderen Schwerpunkt auf Afrika. Der Kontinent mit seinen enormen Potenzialen aber auch Problemen drängt Wissenschaft und Politik zu neuen Sicht- und Herangehensweisen.
Henning Melber zeigt in seinem Beitrag auf, dass die Neuorientierung der afrikanischen Staaten in diesem Prozess zu einer weiteren Auffächerung des Globalen Südens führt. Georges Hallermayer geht auf den sich verändernden Einfluss der Großmächte in Afrika ein. Frankreich befände sich derzeit gewissermaßen „auf dem absteigenden Ast“. Aus Sicht von Alexander Kotov könnte Russland davon profitieren, wenn es ein neues System der Interaktion mit dem afrikanischen Kontinent aufzubauen in der Lage wäre. Klaus Freiherr von der Ropp widmet sich den enormen Problemen, mit denen die Republik Südafrika zurzeit konfrontiert ist. Erhard Crome untersucht die Strategie der Trump-Administration in Bezug auf dieses Schlüsselland des Globalen Südens. Es ist offen, ob die widerstreitenden Prozesse auf dem faszinierenden Kontinent zu dem erhofften Aufbruch führen können.